Lass uns über meine Tage reden

Es ist wieder diese Zeit im Monat: Mein Magen zieht sich zusammen, mein Rücken tut weh und ich versuche mich daran zu erinnern, ob mich ein LKW überfahren hat und ich es einfach vergessen habe – denn nur das alleine würde die Schmerzen in meinem Becken erklären. Ich habe Schweißausbrüche und will einfach nur schlafen.

Ich sehe mir ein Video von einem kleinen Mädchen an, das zum Geburtstag einen Hund geschenkt bekommt und vor Freude weint und ich muss mich zurückhalten, nicht mitzuheulen. Ich habe schlechte Laune, fühle mich aufgebläht und hässlich und komme mit Problemen, die die Welt ruinieren, nicht mehr klar. Ich möchte vor Wut wegen des ganzen falschen Getues auf Instagram alle meine Social Media-Kanäle löschen und es meiner Freundin Dari gleich tun und auf die Seychellen auswandern. Stattdessen schlucke ich eine Ibuprofen-Tablette, suche meine Tampons, sehe mir keine rührenden Videos mehr an und reiße mich zusammen.

Das soll kein Beitrag à la Ich-bin-eine-Frau-bemitleidet-mich werden, ganz im Gegenteil. Ich will nicht anders behandeln werden, weil ich eine Frau bin. Aber ich werde das Gefühl nicht los, dass Menstruations-Themen jenen Medien überlassen werden, „die sich halt manchmal trauen“. Und obwohl ich sagen würde, dass mein täglicher Konsum an Zeitungen und Magazin relativ hoch ist, so finde ich doch nur selten ehrliche Texte von Frauen, die beschreiben, wie es ist, die Tage zu haben – ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Nun, es läuft darauf hinaus, dass ich diese Rolle übernehme.

Willkommen im Club der Blutsschwestern

Ich habe mit 14 das erste Mal meine Tage bekommen und war damals eines der letzten Mädchen in meiner Klasse. Ich kann mich noch genau an das Gefühl der Unvollständigkeit erinnern, bevor es so weit war. Wann werde ich endlich zur Frau und kann mitreden? Die Frauen in meiner Familie haben mir immer wieder gesagt, ich solle froh sein, noch nicht zum Club dazuzugehören, aber als ich im Jänner 2005 auf dem Klo war und Blut entdeckt habe, konnte ich meine Freude nicht unterdrücken.

Elf Jahre ist das nun her. Seitdem ist die Menstruation ein Teil von mir und ich habe sie in meinem Leben akzeptiert. Was bleibt mir denn auch anderes übrig? Es ist ja nicht so, als könnte ich sie aus meinem Körper verbannen, mich dankend verabschieden und mir einen Alltag ohne Blutungen aussuchen. Nicht, dass ich es mir am zweiten Tag meiner Regel nicht immer wünschen würde. Der zweite Tag ist der schlimmste.

Aber all das hab ich so hingenommen, wie es ist und komme auch ganz gut klar damit. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass die Menstruation nicht gesellschaftstauglich ist. Man spricht einfach nicht darüber. Ich höre höchstens negativ belastete Aussagen à la „Na da hat wohl jemand die Tage“ oder „Ist die Tante da, oder warum bist du so zickig?“

Eine Frau, die ihre Tage hat, ist schmutzig

Ich selbst spreche kaum darüber und habe vor Kurzem reflektiert, warum das so ist. Ich bin zu der Erkenntnis gekommen, dass es mir schlichtweg unangenehm ist. Aber warum? Macht es mich schmutzig, unhygienisch oder gar verletzlich? Gibt es zu viel preis über mich und meinen Körper? Ist da nicht so ein klassisches „Emanzen“-Thema, über das nur „Kampflesben“ schreiben? Frau mit Manieren und Anstand spricht höchstens mit vorgehaltener Hand mit der besten Freundin darüber. Als würde nicht jeder wissen, dass ich als 25-jährige, gesunde Frau monatlich blute. Ach bitte.

Ich habe vor ein paar Tagen das Buch „Unorthodox“ von Deborah Feldman zu Ende gelesen. Es geht in dem Buch um eine chassidische Satmar Gemeinde in Williamsburg, New York. Vor allem die Rolle der Frau wird thematisiert. Es ist ja kein Geheimnis, dass Frauen, die menstruieren, in vielen Religionen als „schmutzig“ und „unrein“ gelten. Und so „normal“ und tief verwurzelt diese Meinung in dem Glauben vieler ist, so wütend macht es mich. Genauso wütend macht es mich, dass die Periode so ein Tabuthema ist. Wir sehen nur freudig hüpfende, hübsche Mädchen im Fernsehen, die von ihrer Blutung dank Tampons und Binden ganz bestimmter Marken nicht im Alltag eingeschränkt werden. Friede, Freude, Eierkuchen. Über die Schmerzen, die blutbeklebten Finger und den Durchfall spricht keiner.

Übelkeit und Schamgefühl

Wie wäre es also mit ein bisschen Real Talk? Wusstet ihr zum Beispiel, dass viele Frauen vor oder während ihrer Tage Blähungen und Probleme mit dem aufs Klo gehen haben? Ich kenne Frauen, die während ihrer acht Tage andauernden Menstruation solche Krämpfe haben, dass sie kaum außer Haus gehen können. Ich kenne Frauen, die mit Schwindel, Migräne und Übelkeit zu kämpfen haben. Ich kenne Frauen, die nicht mit ihrem Partner über ihre Menstruation sprechen, weil es ihnen „peinlich“ ist.

Ich habe ein großes Problem mit dem Totschweigen einer eigentlich so natürlichen und selbstverständlichen Sache und möchte dieses Tabuthema aufbrechen. Es ist klar, dass feministische Magazine oder Bloggerinnen, die sich auf Themen wie diese spezialisiert haben, ehrlich darüber sprechen. Aber vielleicht erreiche ich auch die ein oder andere Person, die sich damit eigentlich nicht auseinandersetzt.Ich habe zum Schluss eine Message an alle Frauen da draußen: Tabuisiert euren Menstruationszyklus nicht. Geht offen damit um und versteckt eure Binden und Tampons nicht.

Und diesen Absatz richte ich an eine bestimmte Sorte von Mann und jene, die ich meine, werden sich garantiert angesprochen fühlen: Schon klar, die Periode ist nicht gerade supersexy, außer vielleicht für ein paar Fetischisten, aber das ist eine andere Geschichte. Man stellt sich eine Frau lieber als fruchtbare Sexgöttin vor, die sich still und heimlich um diese unangenehme Angelegenheit kümmert. Aber vielleicht können wir ja einmal wie Erwachsene über die Tage sprechen, statt darüber, wie geil die Kellnerin ist und was für große Brüste sie hat. Denn – Achtung, Spoiler – auch diese vollbusige Kellnerin hat die Tage. Mit blutigem Höschen und so.

7 Kommentare

  1. Hi Alexandra!
    Danke für deinen Artikel! Ich finde auch, über das Thema Blutung wird definitiv zu wenig geredet. Allein schon die Tatsache, dass Blut in Tampon Werbungen als blaue Flüssigkeit dargestellt wird, lädt zum Nachdenken ein. Haben wir uns wirklich schon so weit von unseren Körpern entfernt? Ich beschäftige mich schon seit Längerem mit dem Thema und für mich ist ganz klar geworden, dass es hier eindeutig viel Aufholbedarf gibt, was das Image unserer Tage angeht. Seit wann ist die Blutung denn etwas Unreines und wieso müssen wir eigentlich fast alle immer Schmerzen dabei haben? Ich denke was schon richtig viel hilft, ist sich unter einander auszutauschen.
    Also danke nochmal für deinen Artikel. Wir sind nicht allein! 😉

    1. Hi Teja! Tampon- und Bindenwerbungen nerven mich gewaltig, sie vermitteln so ein falsches Bild. Freu mich, dass du den Beitrag mochtest und ein Austausch ist super wichtig, finde ich auch!
      Liebe Grüße und danke für dein Kommentar, Alex 🙂

  2. Hallo 🙂
    bin durch zufall auf diesen beitrag gestoßen und da ich momentan meine tage habe, bin ich noch mehr deiner meinung.
    mein freund (wir sind seit über 1 1/2 Jahren jetzt zusammen) bekommt oft mit, wenn ich meine tage habe und launisch werde. er versucht es immer ganz locker zu nehmen und dafür bin ich ihm auch dankbar. der rest meiner familie nervt mich da eher, da kommen kommentare wie „hast wieder besuch von der tante?“, „wieder die schwarzbeerwoche?“.

    ich habe meine periode wirklich 2 tage sehr stark und (geerbt von meiner mutter) extreme migräne dazu. momentan bin ich wirklich kurz vorm verzweifeln.
    auch in der schule werde ich manchmal von freundinnen – flüsternd natürlich – gefragt ob ich was dabei hätte – was ich in diesem fall nicht verstehe weil wir nur einen einzigen jungen in der klasse haben.

    ich finde man sollte sich nicht schämen. klar, ich will nicht meine stimmungsschwankungen auf meine tage schieben, aber ich möchte jemanden vorwarnen und nicht dabei blöd angesehen werden in der art „was interessiert es mich?“.
    bei uns wirst du außerdem schräg angeguckt wenn du binden benutzt und keine tampons.

    ich entschuldige mich das mein kommentar so lang wurde aber ich finde es sehr gut dieses tabu zu brechen. ich würde nämlich um nichts in der welt mit männern tauschen wollen 🙂

    Weiter so!

    1. Hi Sarah-Katharina!

      Du brauchst dich nicht für deinen langen Kommentar entschuldigen, ich lese immer gern von Erfahrungen anderer Frauen. 🙂 Tut mir sehr leid, dass du vor allem an zwei Tagen echt starke Schmerzen hast. Meine Sportlehrerin meinte immer, dass Bewegung hilft. Auch wenn es kaum zu glauben ist, aber mir hilft es wirklich. Vielleicht kannst du es ja mal damit versuchen? Auch wenn dir nach gar nichts ist…

      Ich bin leider auch Migräne-Opfer, dem kann man eigentlich nur entgegenwirken, indem man ganz viel trinkt, nicht zu viel am Laptop sitzt und auch das Handy öfters weglegt.

      Eine Freundin von mir hat angefangen, ganz offen nach Binden bzw. Tampons zu fragen, auch wenn ein Mann anwesend ist. Damit bricht man dieses Tabu auch schon ein wenig. Bei mir an der Schule war es übrigens auch so, dass Tampons „cool“ waren und Binden „eklig“ – keine Ahnung, wieso? Total bescheuert.

      Alles Liebe und danke für deine Worte 🙂

      Alex

  3. Hallo Alex!
    Ich find es wirklich cool, dass du auch solch ein Thema aufgreifst und so super beschreibst! Da wurde wirklich nichts tabuisiert, was ich gut finde.
    Ich finde es schade, dass es Frauen gibt, die sich während ihrer Erdbeerwoche (meine Lieblingsbezeichnung dafür, weil es ein nettes Bild vermittelt) so schlecht fühlen, egal in welcher Hinsicht, und diesen Teil ihrer Weiblichkeit manchmal verstecken wollen/müssen/sollen.
    Dazu möchte ich aber gerne auch ein positives Beispiel geben: Ich bin in einer überwiegend weiblichen Familie aufgewachsen. Regelblutung nie ein Tabuthema. Selbst wenn unsere Männer anwesend sind, spreche ich mit meinen Schwestern darüber. Mein Mann besorgt mir sogar Slipeinlagen, selbst wenn er dabei von einem Arbeitskollegen begleitet wird. Das find ich super von ihm!
    Ich habe kaum Probleme, wenn ich meine Tage habe. Vorallem seit ich einen Menstruationsbecher verwende (Eine sehr spannende Angelegenheit und zu empfehlen! Auch für die Umwelt besser.)
    Ups… Jetzt hab ich mich wirklich in voller Länge hier ausgequatscht. Ich wollte eigentlich nur sagen, dass ich es liebe, Frau zu sein und Danke für deinen Beitrag!
    Liebe Grüße Heidi

    1. Hi Heidi!

      Danke für dein Kommentar, freut mich sehr! Schön, dass du in so einem Umfeld aufgewachsen bist, echt toll. Mein Freund kauft mir auch Tampons, ich glaube aber leider nicht, dass das der Regelfall ist. Aber vielleicht täusche ich mich da auch, wer weiß.

      Ich habe schon so viel von Menstruationsbechern gelesen und gehört. Jetzt wird es also wirklich Zeit, dass ich einen bestelle. Ich werde dann auch gleich einen „Erfahrungsbericht“ posten. 😀 Kannst du irgendeine Marke empfehlen?

      Alles Liebe und danke für deine lieben Worte!
      Alex

      P.S.: Erdbeerwoche klingt echt super, haha!

  4. Zum Empfehlen ist der Lunette-Menstruationsbecher. Den verwende ich selbst (die größere Größe). Gibt es in verschiedenen Farben 😊
    Am Anfang hab ich ein bissl Übung gebraucht, aber wenn man den Dreh mal raus hat ist es einfach super!

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